Okay, war mag Blähungen. Niemand. Viele Redaktionen war das egal. Sie blähten – ihre Texte auf. Aus Gründen. Erstens sortierte Google längere Texte höher in den Serps ein. Viel half jahrelang viel. Vor allem, wenn die Nutzer auf der Seite blieben. Die Verweildauer war und ist einer der wichtigsten Algorithmen. Und das Verweilen ließ sich monetarisieren: Je länger ein Nutzer auf einer Website verweilte, desto mehr Werbeeinnahmen konnten generiert werden.
Kochen statt lesen
Für die Nutzer war das oft ärgerlich. Ein Beispiel: Jeder, der gerne kocht, kennt sie: lange Textpassagen, bevor das eigentliche Rezept kommt. So suche ich etwa ein Rezept, wie man einen leckeren „Far breton“ macht, einen bretonischen Eierkuchen, den ich im letzten Urlaub kennengelernt habe. Also googele ich. Faul, wie ich bin, klicke ich auf den ersten Treffer. Statt einer Zutatenliste und den Zubereitungshinweisen wird mir erst einmal ein Text über den Ursprung des Rezeptes gereicht, eine kurze Geschichte der Bretagne, dass die Tochter das Rezept besonders liebt und überhaupt, dass die Bäckerin mit dem Eierkuchen alle glücklich macht. Nerv.
Chance: Helfender Inhalt
Google hat nun erkannt, dass diese Art von Texten nicht der Suchintention der meisten Nutzer entspricht – und seine Algorithmen angepasst. Seit dem Helpful Content Core Update von Google im September 2023 verloren etliche Seiten mit ähnlichen Mustern ihre Rankings. Das ist eine gute Nachricht für Nutzer und Redakteure. Die Schreibenden (oder ChatGPT-Anwender) müssen nicht mehr blähen, die Lesenden sich nicht mehr die Nase zuhalten, sprich scrollen.
Dennoch ist Vorsicht geboten, denn es ist nie sicher, ob der Algorithmus bei der eigenen Seite, beim eigenen Thema greift. Denn Google scheint vor allem Seiten abzustrafen, die mit Templates arbeiten, also nach dem gleichen Schema geschrieben sind. So „leiden“ vor allem große Unternehmen und Zeitschriften unter den neuen Bedingungen. Des einen Leid, des anderen Freud‘: kleinen Website-Betreibern eröffnet sich eine Chance.
Ab und an erhalte ich einen Auftrag, Texte in „Leichter Sprache“ zu verfassen, Entschuldigung, zu schreiben. Zum Beispiel für barrierefreie Websites. Die Texte informieren Menschen, die Lese- und Textverständnisprobleme besitzen. Aber: Haben wir nicht alle solche Probleme? Und: Hilft „Leichte Sprache“ bei der Suchmaschinenoptimierung? Ein Experiment.
Für wen ist ‚Leichte Sprache‘ gedacht:
Menschen mit Lern-Schwierigkeiten
Menschen mit Demenz
Menschen, die nicht so gut Deutsch sprechen
Menschen, die nicht so gut lesen können
Übersetzen wir dies auf den üblichen User:
Menschen mit Lese-Schwierigkeiten
Menschen mit der Aufmerksamkeitsspanne eines Goldfisches
Menschen, die nicht so gut Schriftdeutsch verstehen
Menschen, die nicht gut lesen wollen
Ich denke, dass trifft auf 80 bis 90 % aller Internet-User zu. Je nach Kontext. Denn der Mensch, der morgens Süddeutsche Plus liest, ist in seinem Nutzungs- und Leseverhalten nur entfernt verwandt mit demjenigen, der zwei Stunden später im Netz einen neuen Pullover sucht oder zur Ablenkung SPON nach Überschriften durchscrollt. Auch wenn es sich um physisch ein- und dieselbe Person handelt.
Die meisten Texte werden für den zweiten Typus geschrieben. Den Abgelenkten. Die Kurzangebundene. Den Jäger. Die Liederliche.
Aus eigener Erfahrung und Usertests wissen wir,
Menschen haben Schwierigkeiten, Wörter zu lesen und zu verstehen.
Sie lesen nur die Überschrift und den ersten Satz.
Komplexe Gedankengänge, Ironie oder Hinweise „zwischen den Zeilen“ nehmen sie nicht wahr.
Das Lesen eines Textabschnittes sollte nicht länger als 8 Sekunden in Anspruch nehmen.
Es spricht also aus User-Sicht viel dafür, in leichter Sprache zu schreiben.
Nutzer denken in „Leichter Sprache“
Nicht nur aus User-Sicht, auch aus Google-Perspektive. Denn Google-Nutzer denken in einfacher Sprache.
Nehmen wir Beispiele vom „Netzwerk Leichte Sprache“, um diese These zu überprüfen. Ihre Schreibempfehlungen:
Benutzen Sie einfache Wörter Beispiel: Erlauben statt genehmigen
Benutzen Sie Wörter, die etwas genau beschreiben. Beispiel: ‚Bus und Bahn‘ statt ‚Öffentlicher Nahverkehr‘
Benutzen Sie bekannte Wörter. Verzichten Sie auf Fachwörter Beispiel: selbstsüchtig statt narzisstisch (oder erklären Sie Fachwörter: ‚wie Donald Trump sein‘ statt ‚narzisstisch‘)
Benutzen Sie immer die gleichen Wörter Beispiel: Schreiben Sie immer ‚Tablette‘, wechseln Sie nicht zwischen ‚Pille und Tablette‘
Benutzen Sie kurze Wörter Beispiel: Bus statt Omnibus
Benutzen Sie Verben Beispiel: ‚Morgen wählen wir‘ statt ‚Morgen ist Wahl‘
Vermeiden Sie Passivkonstruktionen Beispiel: ‚Morgen singen wir‘ statt ‚Morgen wird gesungen‘
Vermeiden Sie den Konjunktiv Beispiel: ‚Heute regnet es vielleicht‘ statt ‚Heute könnte es regnen‘
Der SEO-Blick
Betrachten wir diese Empfehlungen aus der Sicht eines Suchmaschinenoptimierers.
Erlauben vs. Genehmigen: Hier ist die Zahl der Suchanfragen fast identisch. Zudem ergeben die Begriffe als Einzelabfrage keinen Sinn. In vielen Fällen wird das einfache Wort häufiger gesucht werden, da es das verbreiterte ist. SEO: empfehlenswert
Bus vs. ÖVNP: Bei der Einzelabfrage gibt es wieder keinen nennenswerten Unterschied, in Kombination schon. ‚Fahrplan Bus, Fahrplan Bus, Busplan“ 6-stellige Abrufe, während Kombinationen mit ÖVNP oder Öffentlicher Nahverkehr nicht existent sind. SEO: empfehlenswert
Selbstsüchtig vs. Narzisstisch: Hier hängt es sehr von der Durchdringung des Fremdwortes in der Zielgruppe ab. Das ‚Netzwerk Leichte Sprache‘ empfiehlt beispielsweise, ‚Arbeitskreis‘ statt ‚Workshop‘ zu sagen. Aus SEO-Sicht fatal. SEO: Hängt vom Wort ab
Gleiche Wörter: Auch wenn Google mittlerweile Synonyme gut erkennt, ist zumindest die Verwendung des gleichen Wortes in Überschriften sowie Meta-Texten und eine häufige Nutzung im Fließtext sinnvoll. SEO: empfehlenswert
Bus vs. Omnibus: Menschen sind faul, daher nutzen sie sowohl in gesprochener als auch bei Abfragen meist die Kurzvariante. SEO: empfehlenswert
Verben vs. Nomen: Verben machen Texte lebendig. So steht es in jedem Texter-Handbuch. Da aber viele Seiten auf Produkte und Dienstleistungen optimiert werden, es sich hierbei um Sachen handelt, hilft dieser Rat wenig. SEO: Hängt vom Wort ab bis nicht empfehlenswert
Aktiv vs. Passiv: Nutzer suchen in Infinitiven. Die 1. Person und 3. Person Plural Präsens sind bei regelmäßigen Verben identisch mit dem Infinitiv. Hinzu kommt die Wortstellung bei Keyword-Kombinationen, die in der aktiven Schreibweise ebenfalls von Vorteil ist. SEO: empfehlenswert
Aktiv vs. Konjunktiv mit Modalverben: Eine Konjunktivbildung mit Modalverben (können, dürfen, müssen etc.) bedingt den Infinitiv. Somit könnte diese Form einen SEO-Vorteil besitzen. SEO: nicht empfehlenswert
Wir sehen: Leichte Sprache und SEO sind Geschwister im Geiste. Fast immer hat die Verwendung von ‚Leichter Sprache‘ einen SEO-Vorteil. Dennoch: Wer Online-Texte ausschließlich in „Leichter Sprache“ verfasst, vergrault seine Leser. Es ist wie im Leben: Es kommt auf das richtige Mittelmaß an.
Zusammenfassung in ‚Leichter Sprache‘
Menschen im Internet sind abgelenkt. Menschen lesen nur 8 Sekunden am Stück. Google mag einfache Wörter. Schreibe in leichter Sprache. Menschen verstehen, was du sagen willst. Männer und Frauen finden dich besser in Google.
SEO ist tot. Es lebe SEO. So hallt es durch die virtuellen Höfe. Der alte König hieß „Search Engine Optimization“. Der neue „Search Experience Optimization“. Damit es nicht zu diesem verwirrenden Abkürzungsgemische kommt, rufen Suchmaschinen-Experten daher lieber: „Es lebe SXO“; denn sie kürzen „Search Experience Optimization“ mit SXO ab, was auch eine gewisse Folgerichtigkeit in sich trägt. Schließlich heißt die Verkürzung von User Experience „UX“, anstatt des sauberen Akronyms „UE“. Und schon haben wir einen schönen Übergang gefunden, um die Frage zu beantworten, was „Search Experience Optimization“ ist.
SEO + UX = SXO. So ungefähr.
Search Experience Optimization schafft eine Brücke zwischen Nutzererfahrung
und Suchmaschinenoptimierung. Oder anders ausgedrückt: Die Bedürfnisse des
Suchenden rücken in den Fokus und weniger die Bedürfnisse der Google-Bots. Besser
noch: Beide Bedürfnisse werden eins.
Warum
will Google das?
Meine SEO-Schulungen beginne ich seit Jahren mit der Frage:
Was will Google? Die Antworten reichen von „Daten sammeln“ über „Informationen
liefern“ bis hin zu „Erde digitalisieren“. Das mag alles richtig sein. Die
eigentliche Aufgabe der Suchmaschine ist aber immer eine andere gewesen: Google
will Antworten liefern. Und zwar die bestmöglichen auf die Suchanfragen der
Nutzer.
Komplexität
der Antworten
Mittlerweile ist die Digitalisierung soweit vorangeschritten,
dass diese Antworten nicht unbedingt von eine einfache Frage-Antwort-Struktur aufweisen.
(„Wie heißt der Künstler Blinky Palermo mit bürgerlichem Namen?“ Googles
Antwort: „Peter Heisterkamp“). Nehmen wir ein Beispiel. Der Suchende tippt in
die Suchmaske „Castrop-Rauxel“. Als Antwort könnte er Informationen zur Stadt wünschen,
in vielen Fällen sucht er aber eine Route. Deswegen zeigt Google ebenfalls die
Maps-Option an. Bei anderen Suchanfragen möchte Frau oder Mann einen
Film sehen,
shoppen,
Podcast hören,
spielen,
etwas herunterladen,
eine Sprache lernen,
Wissen sammeln und, und, und.
Kurzum: Menschen möchte Erfahrungen auf der Website machen. Die beste Antwort ist diejenige, die am besten die Erfahrungsintention des Suchenden trifft.
Interaktion,
Intention, Inhalt
In diesem Sinne ist UX mehr als die Website- oder App-Optimierung der Nutzererlebnisse auf Interaktion, um diese möglichst benutzerfreundlich zu gestalten. Bei der ganzheitlichen Betrachtung der Nutzererfahrung müssen ebenfalls Suchintention und die gesamten Inhalte der Seite bedacht werden. Denkt der UX-Designer nun auch noch die Bedürfnisse der Google-Bots mit, betreibt er SXO. Kurz: SXO vereint Interaktion, Intention und Inhalt.
Was
heißt das für SEO-Texter (oder SXO-Texter)?
Ganz allgemein gesagt: SEO-Texter müssen sich in die (Such)-Absichten der Kunden reindenken. Für einen Werbung-geschulten Texter klingt dies nach einer Selbstverständlichkeit. In der Praxis zeigt sich, dass dies ganz und gar nicht selbstverständlich ist. In zwei Bereichen wird dies besonders deutlich.
1. Produktkommunikation: Auf Produktseiten
stehen fast immer noch die Produktmerkmale im Fokus und weniger die
Kundenbedürfnisse. Nur langsam findet ein Umdenken statt – und dieses Umdenken
variiert von Branche zu Branche stark.
2. SEO-Texte: Klassische
SEO-Texte sehen immer noch so aus: Man nehme ein oder zwei Keywords, schreibe
dazu einen Text mit entsprechenden Phrasen und in gewünschter Länge, haue die
Schlüsselwörter an die richtigen Stellen, texte die Meta-Beschreibungen, verlinke
das Ganze und gut ist. Seien wir ehrlich, die meisten SEO-Texte sind nicht benutzerfreundlich.
SXO-Texter: Aufgaben
Für SXO-Texter heißt das, eine Zauberformel wie WDF*IDF gibt es nicht mehr. Sie müssen sich viel stärker Gedanken machen, wie sie den Besucher der Seite glücklich machen, indem sie die gewünschte Antwort liefern. Da ich an die Intelligenz meiner Kunden glaube, behaupte ich: Kunden möchten relevante, lebendig aufbereitete Inhalte. Liefert sie! (Ohne ganz zu vergessen, dass Google deutliche Hinweise braucht). Und SXO-Texter müssen noch enger mit UX-Designer zusammenarbeiten beziehungsweise UX mitdenken. Aufbau der Website und Medieneinsatz sind wesentlicher Bestandteil des Textkonzeptes. Nutzerfreundlicher Content ist im Web mehr als schöne Worte. Schreiben fürs Web war nie wie Schreiben für Print. Und entfernt sich mehr und mehr.
Das Internet frisst Strom. Und dies nicht zu knapp. Jede Suchanfrage kostet Strom, wie die Infografik zeigt. Der CO2-Ausstoß entsteht, weil Google-Server durch Kühlung, Betrieb und Router enorme Mengen Energie verbrauchen. Schätzungen zufolge werden alle 2 Sekunden eine Tonne CO2 ausgestoßen. Tendenz steigend. Jede Suchanfrage verbraucht etwa 0,01 Gramm CO2. Google selbst nannte 2009 sogar 0,02 Gramm CO2 pro Suchanfrage. Und nicht nur die Anfragen kosten Strom, sondern der Aufruf jeder einzelnen Seite, das Laden der Bilder, eines Podcasts, der Grafiken etc. So schätzen Experten, dass sich alle 5 Jahre der Stromverbrauch des Internets verdoppelt.
Keywords vor dem Klick spielen von jeher eine große Rolle bei der Suchmaschinenoptimierung. Darunter versteht man Wörter, die im Titel und der Meta-Description auftauchen. Jahrelang stopften man beide Stellen mit Keywords voll, da insbesondere ein Keyword im Titel für Google als starkes Signal galt, um zu zeigen, womit sich die Seite beschäftigt.
Unter so manchem Weihnachtsbaum lag dieses Jahr ein digitaler Assistent wie Amazon Echo oder Google Home. Diese spielen dann nicht nur zum Entsetzen des Texters „Last Christmas“ oder „In der Weihnachtsbäckerei“, sondern beantworten Fragen („Alexa, wo kann ich die Krawatte umtauschen?“,) oder nehmen Bestellungen auf („Alexa, besorge mir ein Jumbo-Pack Almased“). Ändert sich durch Voice Search auch SEO? Die Antwort: bestimmt.
Aufreißer haben in der analogen Welt nicht den besten Ruf. Ganz anders in der digitalen. Auf Nachrichtenseiten, in Facebook-Posts oder auf Retailer-Websites tummeln sich nur so die Aufreißer, als ob das Web eine italienische Strandpromenade wäre (pardon, natürlich ein fürchterliches Klischee). Die Rede ist vom Teaser. Spätestens seit dem Siegeszug des Mobilen ist der Teaser eine der wichtigsten Textgattungen geworden – auch für die Suchmaschinenoptimierung.
Viele Suchmaschinenfachfrauen und -männer sind sich einig: Googles Bemühungen um Künstliche Intelligenz (KI) führen zu einer neuen Gewichtung der Suchmaschinenergebnisse. Wie das Fachblatt t3n schon vor einiger Zeit berichtete, wird mittlerweile ein Großteil der Suchanfragen, die so jede Sekunde in die Suchmaske geschrieben oder gesprochen werden, von einem KI-System interpretiert. Google nennt dieses System hübsch RankBrain. Bis dato beantwortet das gewichtende Gehirn Suchanfragen, die noch nie zuvor gestellt wurden. Das seien – laut Google – immerhin 15 Prozent aller Anfragen. Das System helfe dabei, diese Fragen einzuordnen, um passende Ergebnisse zu liefern – wohl mit großem Erfolg. Daher geht die Branche davon aus, dass RankBrain immer weiter ausgebaut und genutzt wird.
Online-Suchende, die Google ein komplexeres Anliegen vortragen, verfallen in eine eigentümliche Sprache. Diese besteht im Wesentlichen aus Substantiven und Infinitiven sowie einem Grundwortschatz, der aus dem Wörterbuch eines Dreijährigen entnommen ist. Manche nennen dieses Deutsch deswegen auch Google-Deutsch, eine Sprache, die ich ebenfalls anwende und beherrsche.
die Seite. Sollte sie zumindest. Denn wie John Mueller von Google Switzerland im ersten Google-Hangout des Jahres verriet, sei ein wichtiger Ranking-Faktor, die Anzahl der regelmäßig wiederkehrenden Besucher. Eine wahrhaft wichtige Information für Texter. Mehr: Was schließen wir daraus?